21.05.2011: „Diesen Weg auf den Höhen bin ich oft gegangen…“

Mit einer Länge von 43,5 km und insgesamt zehn langen Anstiegen gehört der legendäre Rennsteiglauf als größter Crosslauf Europas zu den anspruchsvollen und schönsten Landschafts-Marathonläufen Deutschlands. Für die Anreise am Freitag wurden aufgrund von vielen Staus statt der üblichen 3,5 h leider bis zu 5,5 h für die ca. 400 km von Hagen nach Gräfenthal im Thüringer Wald nötig.
Standesgemäß logierten wir und unser Anhang dank Dieter in der sehr gut restaurierten Fronfeste des Schloss Wespenstein. Der Anblick des Schlosses und der Ausblick über den Thüringer Wald entschädigen unmittelbar für die Strapazen der Anreise. Nach kurzer Begrüßung geht es gemeinsam ins 16 km entfernte Neuhaus am Rennweg, wo am folgenden Morgen der Start für uns Marathonis sowie Walker und Wanderer erfolgt und am Freitagabend neben Startnummernausgabe ab 18 Uhr in der GutsMuths-Halle zur Kloßparty (nicht Pastaparty!) geladen wird. Zu einem im Startgeld von günstigen 38 EUR (neben Medaille, gehobener Streckenverpflegung (s.u.), sowie alkoholfreien Getränken, Bier und Suppe im Ziel) inbegriffenen deftigen Teller voll mit Klößen, Rotkraut und Roulade wird in der Halle dann auch gemeinsam mit „Hans im Glück“ das Rennsteiglied geschmettert. Anschließend gibts Livemusik von „den Olaf seine Frau“ und die Vorabendparty kann beginnen. Wir schonen uns aber lieber ein bisschen und fahren nach einem abschließenden, völlig kalorienarmen „übers Knie gerissenen Pfannkuchen“ zu unserem Glück direkt zurück zur Herberge, wo uns der sympathische Schlossherr, Schlossbaumeister und -organist, Herr Dr. Wehr, mit einer spontanen Schlossführung inklusive Konzert überrascht.

Am nächsten Morgen erfolgt nach harten Verhandlungen mit Carola, dem guten Geist des Schlosses, die Frühstücksvorverlegung auf sieben Uhr und bei bedecktem Himmel dann unser Aufbruch um acht Uhr. Selbst um 8:30 Uhr bekommen wir im kleinen Neuhaus noch einen nur 100 m vom Start entfernten Parkplatz. So etwas nenne ich perfekt organisiert! Nach der Kleidersammlung sammeln sich auch die ca. 2900 Marathonis auf der eingezäunten Sportanlage, die hervorragend mit Toiletten bestückt ist, wie mir an dieser Stelle aus gegebenem Anlass wichtig ist anzumerken. 🙂 Kurz vor dem Start schunkelt das Läuferfeld gemeinsam mit dem Publikum zum Schneewalzer. Pünktlich um 9 Uhr erfolgt der Startschuss, etwas mehr als 3 min später sind auch wir über die Startlinie und arbeiten uns sofort durch das mit vielen Originalen bestückte Teilnehmerfeld den Berg hinauf an die uns durchs Lauftreff-Training vorbestimmten Plätze. Da es die ersten sechs km entlang einer breiten Straße geht, kann man sich wunderbar einen Platz in einer Gruppe mit passendem Tempo erarbeiten. Dies ist wichtig, da es folgend auf dem eigentlichen Rennsteig-Wanderweg doch teilweise so eng ist, dass mit gesundem Menschenverstand nicht überholt werden kann. Der zweite Anstieg der Strecke an km neun regelt dann die weitere Geschwindigkeit selbsttätig ein. Der nächste lange Anstieg folgt bei km 17 und dann grüßt wieder ein Berg bei km 21. Spätestens jetzt muss der Rhythmus zwischen Steigungs-Anstrengung und Bergab-Erholung stimmen, denn auf der zweiten Hälfte warten noch sieben weitere Anstiege auf uns.

Die im Schnitt alle sechs km zu findenden Verpflegungspunkte sind z.T. liebevoll angelegt und laden zu längeren Pausen ein – aber die will man als Marathoni ja eigentlich nicht! Sie warten dabei mit zahlreichen regionstypischen und Marathon-untypischen „Köstlichkeiten“ wie Haferschleim, Wurstschnittchen, Fettbemmen (Schmalzbroten) und sogar Schwarzbier auf. Damit kein Unglück auf der schmalen Strecke passiert, greifen wir lieber weiterhin nur zu Wasser, Iso, Obst und Powergel; die verwurzelten Trails bergauf, bergab fordern den Körper schon ausreichend genug. Hier gehört beim Laufen sicher auch ein wenig Glück dazu, um nicht umzuknicken: Bei Fremdgebein im Sichtfeld lässt sich nicht jede Wurzel/jeder Fels schnell genug in eleganten Laufstil umwandeln. Dieter dazu mündlich mehr… 😉 Aber es heißt ja auch Rennsteig und nicht Rennfall, 772 Höhenmeter wollen insgesamt verdient und erlaufen sein. Ungefähr bei Streckenhälfte überrascht ein langer und abschüssiger Hohlweg die Läufer plötzlich mit einer gefährlichen Bremsaktion oberhalb einer Treppe. Entscheidet sich im Feld hier jemand zu gehen, so müssen alle Folgenden wohl oder übel auch die ca. 1,5 km bergab im Gänsemarsch folgen. Bei km 31 erwartet uns dann sogar ein Anstieg, der von fast allen „Läufern“ gehend oder zumindest im Schritttempo bewältigt werden muss. Auch der letzte km vorm Ziel hat es mit 90 Höhenmetern in sich. Zum Ende hin setzen heftige Regengüsse ein, so dass man in einem neu entstandenen Bach am letzten Berg nicht nur gegen die Steigung sondern auch gegen die Strömung arbeiten muss. Die Dusche hinterher kann man sich damit auch fast sparen. 😉 Auf die glücklich im Ziel angekommenen wartet ein großer Festbereich, da Schmiedefeld am Rennsteig Zielort für alle Disziplinen, Halbmarathon (von Oberhof), Supermarathon (72,7 km / von Eisenach), 50km Marsch, Walking und Nordic Walking sowie unseren Marathon, und damit für insgesamt fast 15.000 Läufer, Walker, Nordic Walker und Wanderer ist.

Um die Säure aus den Beinen zu treten verbringen dann Kirsten, Dieter und ich noch den Nachmittag und Abend des Samstags im ca. 70 km entfernten, sehenswerten Weimar bei Stadtrundgang und Museumsnacht, Dagmar und Hans-Jürgen besuchen das um 50 km näher gelegene Saalfeld. Abschließend klingt der Abend gemeinsam auf der Terrasse „unseres“ Schlosses am Feuerchen feuchtfröhlich mit lustigen Geschichten der unglaublich netten Gräfenthaler, sowie Ritterbier und hochprozentigem „Pappenheimer Schlossfeuer“ zünftig aus. Am Sonntag geht es dann auf der Rückfahrt für einen Teil noch zur Glasmanufaktur nach Lauscha und Dieter hat so wenig Muskelkater, dass Kirsten und er noch Erfurt mit Dom, Altstadt und Krämerbrücke sowie Eisenach mit der Wartburg ins Rückreise-Kulturprogramm einbauen. Der Abschluss eines Wochenendes für Kopf, Augen, Beine und Gaumen, das wir allen Läufern mit viel Trainings-Bergkilometern in den Beinen nur wärmstens empfehlen können.

Ergebnisse:
Unflath, Pekka; M40; Platz 354; AK-Platz 89; 3:50:26 h
Schmückert, Dieter; M55; Platz 1003; AK-Platz 60; 4:24:11 h
Mücke, Hans-Jürgen; M45; Halbmarathon: 1:42:24 h

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